Psychologische Begriffsbestimmungen/7

Reversibilität

Als Reversibilität wird die Möglichkeit der Umkehrbarkeit bezeichnet, in der Mathematik heisst dies die Rückkehr zum ursprünglichen Sachverhalt, in der Medizin kann dies die Heilung einer Erkrankung bedeuten. Das menschliche Verhalten betreffend, ist die Reversibilität die Methode um Handlungen rückgängig zu machen, wohl aber nicht ungeschehen.

1. Definition

„Reversibilität (lat. revertere umkehren, zurückkehren), Umkehrbarkeit.
Eine mathematische Operation kann z.B. durch ihre Umkehrung rückgängig gemacht werden (A+A’=B; B-A’=A). In der Theorie der kognitiven Entwicklung von Piaget ist die Reversibilität ein wichtiges Charakteristikum des Denkens des Kindes ab dem konkret-operationalem Stadium“ (Häcker & Stapf, S. 739).

2. Definition

Die Autorin begründet den Begriff „Reversibilität“ durch den Reversibiltätsquotienten. Dieser errechnet sich durch die Zahl der reversiblen Äusserungen gemessen an der Zahl aller Äusserungen. Im Unterrichtskontext betrachtet bedeutet dies, dass sich der Lehrer durch irreversible Äusserungen einer Sprache bedient, die die Kinder selbst nicht anwenden dürfen. Würden die Schüler dies tun, würde es als frech oder vorlaut gewertet werden (vgl. Schenk-Danzinger 1992, S. 396).

3. Definition

„Reversibilität: Umkehrbarkeit von Prozessen, die ohne bleibende Veränderungen im System, in dem der Prozess verläuft, rückgängig gemacht werden können“
(Clauß, Kulha, Lompscher, Rösler, Timpe & Vorwerg 1976, S. 454).

4. Definition

Reversibilität (lat.), Umkehrbarkeit. Im Lexikon der Psychologie werden zwei mögliche Assoziationen mit diesem Begriff verbunden. Erstens ist hier die medizinische Interpretation der Rückbildung von krankheitsbedingten Symptomen zu nennen und zweitens wird die Reversibilität mit Piaget verbunden, der in der Entwicklungspsychologie damit die Möglichkeit Operationen kognitiv zurückzunehmen bzw. zu wiederholen, definiert (vgl. Bertelsmann 1995, S. 414).

5. Definition

„Die Prägung ist eine Entwicklung der Umwelt auf den Organismus, die von den meisten Autoren gar nicht zu den Lernarten gerechnet wird, weil ihr ein wesentliches Merkmal der Lernerscheinung fehlt: die Reversibilität, die Möglichkeit, das Gelernte wieder rückgängig zu machen“ (Wendt 1989, S. 188).

Verwendete Literatur

Bertelsmann (1995). Lexikon der Psychologie. Güthersloh: Bertelsmannverlag.

Clauß, G., Kulha, H., Lompscher, J., Rösler, H., Timpe, K., Vorwerg, G. (1976).
Wörterbuch der Psychologie. Köln: Pahl-Rugenstein Verlag.

Häcker, H. & Stampf, K. (1998). Dorsch Psychologisches Wörterbuch.
Bern: Verlag Hans-Huber.

Schenk-Danzinger L. (1992). Pädagogische Psychologie. Wien: Bundesverlag.

Wendt D. (1989). Allgemeine Psychologie. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer.

1.     „Reversibilität: Umkehrbarkeit von Prozessen, die ohne bleibende Veränderungen im System, in dem der Prozess verläuft, rückgängig gemacht werden können“ (Clauß, Kulha, Lompscher, Rösler, Timpe & Vorwerg 1976, S. 454).

2.     In diesem Lexikon ist dieser Begriff wie folgt definiert: „Reversibilität, die (formale) Umkehrbarkeit physikalischer Vorgänge in der Zeit, die auf der Forminvarianz der elementaren Naturgesetze (newtonsche Bewegungsgleichung, maxwellsche Gleichungen, […] usw.) gegen Zeitumkehr beruht. Deren zeitliche Symmetrie wird erst durch das Setzten von Anfangs- und Randbedingungen oder zeitabhängigen äußeren Wirkungen gebrochen“ (Brockhaus 1997, S. 314).

3.     Reversibilität bedeutet, dass die Anwendung von Operatoren rückgängig gemacht werden kann. Zum besseren Verständnis führte der Autor folgendes Beispiel an: A + B = C à B = C – A (vgl. Zwisler 1994).

4.     Der Herausgeber definiert den Begriff Reversibilität im Sinne von J. PIAGET, der darunter die Umkehrbarkeit logischer Operationen wie zum Beispiel Addition durch Subtraktion oder Division durch Multiplikation verstand. Durch diese Umkehrung hebt sich die Operation auf (vgl. Rombach 1971, S. 434).

5.     Der Autor dieses Buches beschäftigt sich mit Reversibilität in der geistigen Entwicklung des Menschen. „Eine besondere Beziehung, welche die Kinder im Laufe ihrer Entwicklung zwischen bestimmten situationalen Gegebenheiten erkennen, ist die der Umkehrbarkeit oder Reversibilität von Handlungen: dass man eine Handlung rückgängig machen oder irgendwie kompensieren kann“ (Steiner 1980, S. 88).

6.     In diesem Buch wird der Begriff Reversibilität mit Marketing und Marketingentscheidungen in Verbindung gebracht. Im Normalfall gibt es hier nur die Möglichkeit einer indirekten Reversibilität, das heißt dass die Rücknahme einer Maßnahme ohne Einsatz zusätzlicher Maßnahmenbereiche kaum möglich ist. Als Beispiel wird die Aussendung von Werbespots genannt, welche nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann. Weiters kann die Einführung einer neuen Jahreskollektion ohne umfangreiche Begleitmaßnahmen nicht rückgängig gemacht werden (vgl. Scheuch 1993, S. 378).

Zusammenfassende Definition: Unter Reversibilität versteht man die Umkehrbarkeit von Prozessen oder Handlungen, die aufgehoben beziehungsweise rückgängig gemacht werden können. Diese können in verschiedenen Bereichen wie zum Beispiel bei physikalischen Vorgängen (Aufhebung von Addition durch Subtraktion) oder menschlichen Handlungen vorkommen.

Verwendete Literatur

Brockhaus, die Enzyklopädie 18. (1997). Leipzig [u.a.]: Brockhaus.

Clauß, G., Kulha, H., Lompscher, J., Rösler, H., Timpe, K., Vorwerg, G. (1976). Wörterbuch der Psychologie. Köln: Pahl-Rugenstein Verlag.

Rombach, H. (1971). Lexikon der Pädagogik. Willmann-Institut München-Wien (Hrsg.). Freiburg im Breisgau: Verlag Herder KG.

Scheuch, F. (1993). Marketing. München: Verlag Franz Vahlen.

Steiner, G. (1980). Die Psychologie des 20. Jahrhunderts. Piaget und die Folgen. Zürich: Kindler Verlag AG.

Zwisler, R. (1994). Einführung in die Pädagogische Psychologie. Online im Internet: http://www.zwisler.de/scripts/Gage.html (06-10-30).


Siehe auch das
Lexikon für Psychologie und Pädagogik

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