Entwicklungspsychologie

Isolation durch übermäßigen Medienkonsum beim Wechsel vom Kind zum Jugendlichen – existiert sie tatsächlich?

Es wurden 40 Schüler und Schülerinnen der Hauptschule und 40 der AHS befragt. Jeweils 20 männliche und weibliche Jugendliche der 3. und 4. Klassen des jeweiligen Schultyps haben bei unserer Befragung teilgenommen. Der Großteil der SchülerInnen war 13 Jahre alt.

Welches Medium besitzt die größte Isolationsgefahr?

Bei der Frage, welches Medium am häufigsten genutzt wird, wurden relativ ausgewogene Antworten in Bezug auf Computer, Handy, Fernseher gegeben. Herausstechend ist, dass das Medium Playstation am seltensten genutzt wird. Die meisten Jugendlichen verwenden den Computer privat zwischen 1 und 3 Stunden. Hierbei kann man aufgrund der Schulaufgaben, der Vorbereitung von Referaten oder Chatten mit Freunden davon ausgehen, dass keine Isolation gegeben ist. Hingegen kann bei einer Nutzung von mehr als drei Stunden, eine gewisse Isolation entstehen.

Über 50 % der Befragten verwenden den Fernseher als Freizeitbeschäftigung von 1 Stunde bis hin zu 3 Stunden. Auch hier herrscht wenig Isolation, da die Befragten angaben teilweise mit ihren Eltern und Freunden zu fernsehen.

Immerhin 50 % der SchülerInnen spielen nicht mit der Playstation. Nur wenige, hauptsächlich Hauptschüler, verwenden diese mehr als 2,5 Stunden pro Tag. Deshalb gehen wir hier davon aus, dass nur diese Befragten in gewisser Weise isoliert sind. Wobei dies aber schwer abzugrenzen ist, da häufig mit Freunden gespielt wird.

Bei der Frage nach dem Lieblingsmedium der einzelnen Befragten, nutzt ein Großteil der SchülerInnen das Internet, gefolgt vom Fernseher und Handy. Hierbei wird meistens mit Freunden kommunizieren. Auch der Spaß, der mit der Mediennutzung verbunden ist, überwiegt bei den SchülerInnen. Bei der Verwendung des Lieblingsmediums im Bezug auf das Geschlecht verwenden mehr Mädchen den Fernseher und das Handy und mehr Jungen das Internet. Auffällig ist, dass kein Mädchen die Playstation als ihr am liebsten verwendetes Medium angab.

Zwei Drittel der Befragten verfügen über einen eigenen PC und mehr als die Hälfte besitzen einen privaten Internetanschluss. Dies mag damit zusammenhängen, dass in der Unterstufe auch bereits Computerausbildung im Lehrplan teilweise eingebunden ist.

95 % der SchülerInnen verfügen über ein eigenes Handy, großteils ein Wertkartenhandy. Das Handy wird vorwiegend zum Telefonieren und SMS schreiben mit Freunden verwendet, wobei keine Isolation gegeben ist. Jedoch benutzen viele Jugendliche es, um zu spielen, wohinter sich eine gewisse Isolation verbergen kann. Laut der Literatur wird das Telefon immer mehr zu einem Mittel der Direktkommunikation, da die Gebühren dafür immer kleiner werden. Für Jugendliche ist es zum alltäglichen Kommunikationsmittel geworden, zum Beispiel um sich zu verabreden oder um stundenlang mit Freunden zu plaudern (vgl. Baacke, Frank et al 1989, S. 131).

Beugen Eltern Isolation vor?

Bei über 73 % der Befragten sind die Eltern mit der für die Medien verwendete Zeit einverstanden. Bei den anderen würden die Eltern gerne sehen, dass ihre Kinder mehr lernen oder mehr Zeit an der frischen Luft verbringen würden. Weiters kontrollieren 28 % der Eltern nie und 38 % der Eltern kontrollieren selten, wann und wie oft Medien ihre Kinder nutzen. Dies zeigt, dass sie entweder großes Vertrauen in ihre Kinder haben bei der Mediennutzung bzw., dass es ihnen egal ist, wie ihre Kinder die Medien nutzen. Aus der Untersuchung von Baacke, Frank u. a. geht hervor, dass Jugendliche auch wenn sie allein sind, mit Medien im sozialen Kontext umgehen. Die Familie prägt stark das Medienverhalten, da fast alle Interviewten noch dort wohnen. Es geht dabei vordergründig nicht darum, was sie konsumieren, sondern wie die Medien konsumiert werden. Dabei spielen auch die gleichgeschlechtlichen und gemischten Peergroups eine Rolle (vgl. Baacke, Frank et al 1989, S. 98). Die Ergebnisse unserer Befragung stimmen nicht damit überein, da die Eltern kaum kontrollieren, wie oft und wie die Jugendlichen die Medien nutzen. Sie bestimmen auch nicht eine sinnvolle Mediennutzung, sondern ihnen wäre es lieben, wenn ihre Kinder mehr lernen, mehr Zeit draußen verbringen, etc.

Ist das Internet ein Mittel zur Isolation?

Bei der Frage nach den drei Lieblingsinternetseiten wurden primär Seiten mit Kommunikationsmöglichkeiten angegeben. Daher meinen wir, dass auch die Internetnutzung kaum eine Isolation darstellt. Die Homepage www.eventshooters.com wurde am häufigsten genannt. Auf dieser Homepage kann man sich in einer Art Chat mit seinen Freunden unterhalten. Ebenso ist das bei gmx, yahoo, sms.at und icq, da diese Seiten großteils Kommunikationsmöglichkeiten (E-Mail, Chatten) zur Verfügung stellen.

Wirkt Computerspielen isolierend?

49 % der Befragten verbringen ihre Freizeit gerne mit Computerspielen, wobei mehr als die Hälfte der Antwort von Burschen gegeben wurden. Der Großteil der Befragten verbringt täglich 1 bis 2 Stunden mit Computer spielen. Die zweithäufigste Nennung war hier täglich mehr als 3 Stunden von 9 Befragten und die dritthäufigste einmal pro Woche. Dies zeigt, dass Computerspielen einen wesentlichen Teil der Freizeit bestimmt. Wenn die Befragten alleine mit dem Computer spielen, stellt dies eine beginnende Isolation dar. Spielen sie jedoch zu zweit oder mehr natürlich nicht.

Verhindert ein großer Freundeskreis eine Isolation durch die Mediennutzung?

Bei der Frage nach der Anzahl von guten Freunden wurden am häufigsten 10 Freunde genannt, gefolgt von 15 und 5 guten Freunden. Überraschend war, dass so viele Befragte angaben, mehr als 5 gute Freunde zu haben. Man könnte aufgrund der vermehrten Mediennutzung – bestimmt durch das vielfältige Angebot – annahmen, dass dies heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist, so viele Freunde zu haben.

Wir fanden auch heraus, dass je älter die Befragten sind, desto mehr Personen zählen sie zu ihren guten Freunden. Weiters spielt die Zahl der Freunde auch bei der privaten Nutzung des Handys eine große Rolle, was heißt, dass je mehr Freunde die Jugendlichen haben, umso mehr wird das Handy genutzt. Die Befragten treffen sich großteils mehrmals pro Woche bis täglich mit ihren Freunden. Beim Treffen mit Freunden steht die Mediennutzung eindeutig nicht im Vordergrund, sondern das gemeinsame Reden und der gemeinsame Spaß. Man kann auch sagen, je mehr Freunde desto mehr Zeit verbringt man mit Computerspielen. Dies mag daran liegen, dass es alleine nicht so viel Spaß macht, also kann man hier größtenteils nicht von Isolation sprechen. Auch beim Fernsehen mit Freunden wird oft miteinander kommuniziert. Jedoch wäre es unsinnig, sich Filme anzusehen und dabei ständig miteinander zu reden.

Andererseits sollte man hier die Aussagen von Baacke und Frank betrachten: Die Art und Weise der Mediennutzung ändert sich. Durch Profillosigkeit von Programmen, ist das Nebenbei-Hören des Radios alltäglich geworden. Ähnlich ist es beim Fernsehen. Medien sind vielmehr Begleiter anderer Handlungen (vgl. Baacke, Frank et al 1989, S. 131). Das heißt, dass die Medien großteils mit bzw. wegen den Freunden genutzt wird und so keine Isolation besteht.

Das Handy

Das Handy - eines der wichtigsten Utensilien im Leben eines Jugendlichen - ist aus dem Alltag junger Heranwachsender kaum mehr wegzudenken, denn was bis vor kurzem noch ein Medium der Kommunikation war, ist heute zu einem Multifunktionsgerät geworden. Technologische Funktionen des Handys, wie das Fotografieren, Speichern und Versenden von Bildern und Filmen mit der integrierten Kamera, aber auch Downloads von multimedialen Inhalten aus dem Internet oder ein Datenaustausch via MMS oder Bluetooth verdrängen die Grundfunktionen des Mobiltelefons stark, wie das Telefonieren oder das Versenden von Kurzmitteilungen (SMS ). Der Gebrauch mobiler Kommunikationstechnik hat den Jugendalltag verändert, denn wer ein Handy besitzt, ist zu jeder Tageszeit und an jedem Ort erreichbar. Diesen Vorteil sehen u.a. auch Eltern und gibt ihnen auch eine gewisse Sicherheit, da sie ihre Kinder immer und überall erreichen können und es ihnen möglich ist, sich nach dem aktuellen Befinden der Kinder zu erkundigen bzw. dass es diesen möglich ist bei Bedarf (Unfall, Panne, Angst, Krankheit etc.) Hilfe rufen können. Die Mobilität ist eine wichtige Funktion und stellt eine zentrale Bedingung zur eigenständigen Lebensführung dar. Handys dienen auch als Informations- und Unterhaltungsmedium, denn durch die technischen Funktionen ist es Jugendlichen möglich, in Wartezeiten oder zur Ablenkung Musik zu hören, Onlinespiele oder integrierte Handyspiele zu spielen oder aber im Internet zu surfen. Zudem dient es auch auch als Koordinationsmedium, denn es ist jederzeit möglich, Verabredungen oder Freizeitaktivitäten spontan und flexibel zu planen und zu organisieren, wobei im heutigen Jugendalltag mehr auf die zeitnahe Rückkopplung Wert gelegt wird. Im engeren Sinne bedeutet dies, dass sogar noch auf dem Weg zum Treffpunkt der Plan geändert werden kann. Daher ermöglicht es den Jugendlichen einen intensiven Kontakt zu Freunden und Bekannten, auch außerhalb des Schulalltags. Es dient deshalb zur Beziehungspflege innerhalb der Peer Group und kräftigt somit] das soziale Netzwerk und das Gefühl der Zugehörigkeit. Das Handy als wichtiges Objekt der jugendlichen Sozialisationsphase geworden, dennzur Ausbildung einer eigenen Identität sind Kommunikation und Interaktion auch über örtliche Entfernung mit gleichaltrigen Peers notwendig. Die Beliebtheit innerhalb der sozialen Gruppe ist messbar geworden, denn je länger ein Telefongespräch geführt wird und je häufiger Kurzmitteilungen empfangen werden, desto beliebter und integrierter ist ein Jugendlicher in der Peer-Group. SMS-Sprachspiele fördern das Gemeinschaftsgefühl, da Jugendliche ihre Kommunikationspartner kennen und daher genug Hintergrundwissen besitzen, um die kurzen, oft betont spielerisch und informell gehaltenen Handy-Mitteilungen zu entschlüsseln. Jugendliche, die kein Handy besitzen, können an der Kommunikation mit den Peers unter Umständen nicht mehr teilnehmen und schließen sich zwangsläufig selber aus der Gruppe aus (vgl. Schubert, 2009, S. 6ff).

Isolieren sich die SchülerInnen von den Eltern?

Der Großteil der Befragten verbringt zwischen 3 und 4 Stunden pro Tag mit der Familie, gefolgt von 1 bis 2 Stunden. Auffallend war, dass die Mädchen mehr Zeit mit ihren Eltern verbringen. Es stellte sich auch heraus, dass je älter die SchülerInnen werden, desto weniger Zeit verbringen sie mit ihren Eltern, was eine normale Entwicklung darstellt. Auch hier kann kaum von Isolation gesprochen werden. Dies entspricht der Untersuchung von Baacke, Frank et al (1989, S. 127), dabei konnte beobachtet werden, dass Kinder vorwiegend gemeinsam mit den Eltern Medien konsumieren und Jugendliche sich emanzipieren. Gelegentlich kommt es aber vor, dass Jugendliche gern mit den Eltern zusammensitzen – auch beim Fernsehen oder Musik hören.

Zeichnungen: „Ich bei der Mediennutzung“

Bei einem 14-jährigen Mädchen ist die Mediennutzung etwas Aktives und verbunden mit der Außenwelt, welches wenig auf eine Isolation hindeutet. Solche Eindrücke vermitteln die meisten Bilder der Schülerinnen.

Bei den männlichen Schülern steht die Aktivität bei der Mediennutzung etwas im Hintergrund, wobei die Geräte genauer gezeichnet werden.

Schlussfolgerung:

Obwohl bei unserer Untersuchung beim Großteil der Befragten keine Isolation gegeben ist, kann man dies nicht verallgemeinern. Es wird vermutlich immer wieder vereinzelt Fälle geben, die isoliert sind. Diese Vermutung liegt zum Beispiel bei einem unserer Befragten nahe, der pro Tag zehn Stunden Playstation spielt. Im Großen und Ganzen jedoch dienen die von uns untersuchten Medien der Kommunikation und dies beugt Isolation vor.

Literatur

Baacke, D., Frank, G., Radde, M. & Schnitke, M. (1989). Jugendliche im Sog der Medien. Opladen: Leske Verlag und Budrich GmbH.
Schubert, Marion (2009). Happy Slapping und Cyberbullying: Produktions- und Rezeptionsmotive medienvermittelter Gewalt aus medienpsychologischer und mediensoziologischer Sicht. Bachelorthesis. Universität Furtwangen.


Zu weiteren Themen der Entwicklungspsychologie

Entwicklungspsychologie SS 2006




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