Psychologische Begriffsbestimmungen

Kybernetik 

Die Kybernetik ist eine Querschnittwissenschaft und beschäftigt sich mit Zusammenhängen (Wirkungsgefügen) in Systemen. Bezeichnend ist, dass die Kybernetik sich mit Systemen an sich, also unabhängig vom Anwendungsgebiet, beschäftigt. Ursprünglich beschäftigte sich die Kybernetik mit dem Aufbau von Systemen im technischen und biologischen Bereich und beschrieb die Gesetzmäßigkeiten, die in beiden Bereichen gelten (z.B. Rückkopplung). Die Ideen der Kybernetik wurden danach auf weitere Wissenschaftsgebiete wie etwa die Soziologie, Psychologie oder den wirtschaftlichen Bereich ausgedehnt. Durch die in der Kybernetik angewandte Abstraktion von Systemen ist es möglich, Ähnlichkeiten (Analogien) zwischen den konkreten Fachgebieten zu identifizieren und so bekannte Gesetzmäßigkeiten aus einem Bereich in den anderen zu transferieren.

1. Definition

„Kybernetik ist die Wissenschaft, die sich mit den Gesetzmäßigkeiten der Steuerung, Regelung und Rückkopplung der Informationsübertragung und –verarbeitung in Maschinen, Organismen und Gemeinschaften beschäftigt sowie die Theorie und Technik der Informationsverarbeitungssysteme untersucht“ (Paulik 2005, S. 519).

2. Definition

„Die K. ist eine Querschnittwissenschaft, in der allg. Gesetzmäßigkeiten aus Gegenstandsgebieten verschiedener Einzelwissenschaften untersucht und in einer geeigneten Abstraktionsebene formuliert werden. Dafür sind formale Darstellungsmittel im Rahmen mathematischer Disziplinen ausgearbeitet worden. Sie erlauben es, Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen komplexen Systemen oder Teilsystemen auszudrücken. Eine universelle Eigenschaft komplexer, hochorganisierter Systeme besteht darin, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und weiterzugeben. In der gegenwärtigen Wissenschaftsentwicklung hat sich die Erforschung der Struktur und Funktion informationsverarbeitender Systeme als spezifisches Gegenstandsgebiet der K. herausgebildet“ (Klix 1980, S. 1189).

3. Definition

„Die K. ist eine Querschnittwissenschaft, deren Gegenstand und Inhalt nicht einheitlich definiert sind. Unter K. im engen Sinn wird die Anwendung adaptiver Systemeigenschaften in Gerätekonstruktionen verstanden. In einem weiten Sinne jedoch versteht man darunter die Wissenschaft von den Struktur- und Funktionseigenschaften großer, selbstregulierender und selbstoptimierender Systeme. In diesem Sinne ist die K. eine Querschnittswissenschaft, die unter diesem Aspekt sowohl technische als auch biologische Systeme, mathematische Strukturen und ökonomische wie soziologische Prozesse umfasst, um nur einige wesentliche Beispiele zu nennen. Den Querschnittcharakter gewinnt die K. dadurch, daß in ihr die allgemeinen Struktur- und Funktionseigenschaften derartiger Systeme beschrieben werden“ (Klix 1992, S. 389).

4. Definition

„Die Kybernetik ist die Wissenschaft von den Wirkungsgefügen. [...] Ein Wirkungsgefüge schließlich ist ein System, dessen Elemente durch unmittelbare gegenseitige Einwirkung miteinander verbunden sind. [...] Sie abstrahiert von der physikalischen Natur des Wirkungsträgers und interessiert sich allein für die formale Struktur der Verknüpfungen, für das Schaltgefüge. [...] Aber nicht die Qualität der Wirkung, sondern die Form der Verknüpfung ist das entscheidende Merkmal für die kybernetische Begriffsbildung. [...] Ihr Abstraktionsprinzip, das Absehen von den qualitativen Eigenheiten der Wirkung, erlaubt es, in sehr heterogenen Bereichen gemeinsame Strukturen aufzufinden“ (Sachsse 1971, S. 1ff).

5. Definition

Wiener führte in seinem 1947 erschienenen Buch den Begriff „Kybernetik“ ein, um die Ähnlichkeiten und Wechselbeziehungen zwischen Regelungs- und Kommunikationsproblemen in mechanischen Vorrichtungen und den Nervensystemen lebender Wesen zu beschreiben. Kybernetik beschäftigt sich mit einer Reihe von Sachverhalten, darunter das Konzept der Rückkopplung (linear und nichtlinear) sowie der Automatentheorie. Neben den Anwendungsgebieten in Technik und Biologie wurden die Grundgedanken auch auf Systeme im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich angewandt (vgl. Wiener 1969, 620ff).

Verwendete Literatur

Klix, F. (1980). Kybernetik und Psychologie. In Arnold, W. & Eysenck, H. & Meili, R., Lexikon der Psychologie – Band 2: Psychodiagnostik. Freiburg, Wien: Herder.

Wiener, N. (1969). Kybernetik. In Bernsdorf, W. (Hrsg.), Wörterbuch der Soziologie. 2. Aufl. Stuttgart: Enke, 620-622.

Klix, F. (1992). Kybernetik. In Asanger, R. (Hrsg.), Handwörterbuch der Psychologie. 4. Aufl. Weinheim: Psychologie Verl.-Union, 389-392.

Paulik, S. (red. Leitung) (2005). Der Brockhaus - in einem Band. 11., aktualisierte Aufl., Jubiläumsed. Leipzig, Mannheim: Brockhaus.

Sachsse, H. (1971). Einführung in die Kybernetik. Braunschweig: Vieweg.

„[von grch. kybernetes >Steuermann<] die, übergreifende Wiss.disziplin, bei der die Gesetzmäßigkeiten der Steuerung, Regelung und Rückkoppelung zur Informationsübertragung und -verarbeitung in Maschinen, Organismen und Gemeinschaften sowie die Theorie und Technik von Informationsverarbeitungssystemen untersucht werden. Kybernetik ist durch das Forschungsobjekt, die Problemstellung und die mathematisierende Methode gekennzeichnet“ (Kybernetik 1993, S. 295).

„Sammelbezeichnung für wissenschaftliche und technische Strömungen, die unter dem Einfluss der Rechenautomaten- und Regelungstechnik verschiedene biologische, nachrichtentechnische und humanwissenschaftliche Spezialgebiete als Sonderfälle derselben Problemkreise (Nachrichtenverarbeitung, Regelung) betrachten“ (Klaus 1968, S. 88).

„Wissenschaft von […] (abstrakten) Systemen, die entweder als theoretische Analogiemodelle bestimmte wesentliche allgemeine Eigenschaften von Klassen dynamischer Systeme in den verschiedenen Bereichen der Wirklichkeit […] widerspiegeln oder die in Übereinstimmung mit den von der Kybernetik aufgedeckten Gesetzmäßigkeiten als theoretische Modelle möglicher dynamischer Systeme dieser Art angesehen werden müssen“ (Englert, Frank, Schiefele & Stachowiak 1966, S. 324).

„Sicherlich kann man Maschinen und Organismen, die Menschen und ihre Gemeinschaften auch als Systeme ansehen, als organisierte Ganzheiten, deren Teile untereinander in vielfältigen Beziehungen stehen, und die selbst, als Ganze, mit anderen Systemen und allgemein mit ihrer Umwelt in zahlreichen Beziehungen verflochten sind. Also abstrakt gesprochen: strukturierte Systeme, die sich zu anderen Systemen irgendwie verhalten, somit nicht starre, sondern dynamische Systeme sind. […] Kybernetik ist die allgemeine, formale Wissenschaft von der Struktur, den Relationen und dem Verhalten dynamischer Systeme“ (Flechtner 1972, S. 10).

„Die Kybernetik beschäftigt sich mit der Erforschung, der mathematischen Darstellung und der Anwendung von Strukturen (Funktionen, Theorien), die in verschiedenen Wirklichkeitsbereichen realisiert sind“ (Von Cube 1967, S. 158).

Eigene Definition:

Es gibt eine Menge von Definitionen für die Kybernetik, die teilweise sehr unterschiedlich sind. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Kybernetik die Struktur, das Funktionieren und das Verhalten zu ihrer Umwelt von Systemen untersucht. Sie versucht auch bei der Untersuchung von einzelnen Vorgängen den Zusammenhang bzw. die Verbundenheit zu einem Gesamtsystem zu berücksichtigen. Es sollen auch gemeinsame Elemente in der Funktionsweise ermittelt werden.

Verwendete Literatur

(1993). S. 295. Zwahr A. (Hrsg.). Mannheim: F.A. Brockhaus GmbH Verlag.

Englert, L., Frank, H., Schiefele, H. & Stachowiak, H. (1966). Lexikon der kybernetischen Pädagogik und Programmierten Instruktion. Quickborn: Schnelle Verlag.

Flechtner, H.-J. (1972). Grundbegriffe der Kybernetik. Stuttgart: Hirzel Verlag.

Klaus, G. (1968). Wörterbuch der Kybernetik. Berlin: Dietz Verlag.

Von Cube, F. (1967). Was ist Kybernetik? Grundbegriffe, Methoden, Anwendungen. Bremen: Carl Schünemann Verlag.


Siehe auch das
Lexikon für Psychologie und Pädagogik

Zu weiteren psychologischen Begriffen


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