Psychologische Begriffsbestimmungen

Retardierung

Psychologisch definiert bedeutet der Begriff eine körperliche und/oder psychisch-geistige Entwicklungsverzögerung im Verhältnis zur Altersnorm. (Brockhaus Die Enzyklopädie, Band 18, 1998, S. 301).

Im Fachlexikon der Psychologie vom G. Clauß wurde diese Definition noch näher erklärt. Individuelle Retardation kennzeichnet die Entwicklungsverzögerung gegenüber der gegenwärtigen Altersnorm. Die verzögerte Entwicklung von ganzen Jahrgängen (Kohorten) gegenüber vorangegangenen Jahrgängen fällt unter säkulare Retardation. (G. Clauß, 5. Auflage, S 396)

Im psychologischen Wörterbuch ist auch von Spätentwickler die Rede. L. Bolk u.a. vertreten die Annahme der Retardationstheorie, welche besagt, dass beim Menschen die körperliche Reifung zugunsten der Hirnentwicklung verzögert abläuft. (vgl. H. Häcker und K. Stapf, 1998, S. 738)

Unter körperliche Retardation fällt Kleinwuchs und verspätetes Einsetzen der Pubertät, z.B. durch Störung des Hormonhaushaltes. Pseudodebilität bezeichnet eine vorübergehende Retardierung aufgrund seelischer Belastung, Vernachlässigung, Unterdrückung oder mangelhafter Erziehung. (vgl. http://content-kiosk.de/retardierung, 2.11.2005)

Retardationen können im Laufe der Persönlichkeitsentwicklung wieder aufgeholt werden oder auch dauerhafte Folgen nach sich ziehen. Die Ursachen sind körperliche Defekte oder ungünstige soziale und pädagogische Einflüsse. (vgl. G. Clauß, 5. Auflage, S. 396)

Psychologisch betrachtet hat das Wort Retardierung einen nahen Verwandten, die Regression. Retardierungen sind Behinderungen, die stets auf die Entwicklung eingewirkt haben. Regressionen jedoch sind nur vorübergehende Einbrüche in der Entwicklung. Retardation stammt aus der Entwicklungsneurologie und Heilpädagogik und bezeichnet dort Zustände von Unreife, die durch Entwicklungsförderung gebessert werden. Beim erwachsenen Menschen sieht man Retardation als statistisches Defektmodell und Regression als dynamisches Anpassungsmodell. Die Klärung, ob sich Kinder altersentsprechend entwickeln, ist durch die unterschiedlichen Diagnostiker eher subjektiv zu betrachten. (vlg. Reinmar du Bois, 1999, S. 571-579)

Grundsätzlich sind die Definitionen sehr ähnlich. Im allgemeinen Lexikon, dem Brockhaus, fällt die Erklärung relativ kurz aus, wohingegen das Internetlexikon sehr genau und detailliert beschreibt. Das könnte daher kommen, dass Brockhaus eher überblicksweise Bescheid gibt, wohingegen psychologische Bücher viel exaktere Auskünfte geben können. Sehr interessant ist auch der Vergleich Regression und Retardierung, da dieser Artikel das Verständnis unterstützt. Weiterführend gibt es den Begriff auch in der Anthropologie und in der Physik.

Retardierung könnte man ganz allgemein als Verzögerung, Verlangsamung (eines Ablaufs, einer Entwicklung) bezeichnen.

Verwendete Literatur

Unit 202 Co, Ldt. (2005). Content-Kiosk, Online im Internet: http://content-kiosk.de/Retardierung

Brockhaus Die Enzyklopädie (1998). Leipzig. Band 18, S. 301 G. Clauß (1995). Fachlexikon ABC Psychologie. Verlag Harri Deutsch: Frankfurt/Main

H. Häcker, K. Stapf (1998). Dorsch Psychologisches Wörterbuch. Verlag Hans Huber: Bern

Reinmar du Bois (1999). Zur Unterscheidung von Regression und Retardation. In Vandenhoeck & Ruprecht, Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. (48, S 571-579)

Köck P., Ott H. (1994). Wörterbuch für Erziehung und Unterricht, 3100 Begriffe aus den Bereichen Pädagogik, Didaktik, Psychologie, Soziologie, Sozialwesen, Sozialwesen. Donauwörth: Verlag Ludwig Auer

(von lateinisch retardare = verzögern, hemmen, hindern) bezeichnet in der Entwicklungspsychologie den verspäteten Beginn bzw. die Verzögerung eines Entwicklungsablaufs. Eine synchrone oder universelle Retardierung liegt vor, wenn alle Teilbereiche der Entwicklung betroffen sind, von einer asynchronen oder partiellen Retardierung ist zu sprechen, wenn nur ein bestimmter Teilbereich, z. B. die Entwicklung der Intelligenzleistungen, betroffen ist. Die Retardierung kann ferner über einen längeren Entwicklungsabschnitt als ein etwa immer gleichgroßer Abstand gegenüber der Altersnorm auftreten (= gleich bleibende Retardierung), der Abstand kann sich aber auch ständig vergrößern (= progressive Retardierung), was auf organische Störungen oder auf extrem ungünstige Umweltverhältnisse schließen lässt.

Die Entwicklungshemmung kann endogen, durch früher erworbene organische Schäden oder durch ungünstiges Milieu (ohne Anregungsgehalt) verursacht sein. Der ärztlichen Behandlung bedürfen die folgenden, besonders schwerwiegenden Formen der Retardierung:

Schröder H. (1992). Grundwortschatz Erziehungswissenschaft, Ein Wörterbuch der Fachbegriffe, von „Abbilddidaktik“ bis „Zielorientierung“. München: Ehrewirth Verlag GmbH

Retardation (lat.: retardatio, Verzögerung) ist eine Verlangsamung der Entwicklung im Kindes- und Jugendalter, welche sich als partielle Retardation entweder auf den Körper (z.B. Zahndurchbruch, Menarche) oder auf den seelisch-geistigen Bereich (z.B. Intelligenz) erstrecken kann. Eine verzögerte Entwicklung kann aber auch gleichzeitig sowohl im Körperlichen als auch im Seelisch-Geistigen auftreten. Dies zeigt sich z.B. in einem verspäteten Laufenlernen, verbunden mit einer verlangsamten Sprachentwicklung und verzögerter Sauberkeitsgewöhnung. Die Retardation, falls nicht hirnorganisch bedingt, ist in der Regel aufholbar, so daß retardierte Kinder durchaus, wenn auch etwas verspätet, den üblichen Reifezustand erreichen. Bei der Einschulung ist in besonderer Weise auf Retardation zu achten, da ständige Mißerfolgserlebnisse in der Schule, die sich hieraus ergeben können, die Persönlichkeitsentfaltung negativ beeinflussen können. Problematisch könnte auch eine disharmonische Reifung werden, wenn z.B. körperliche Akzeleration verbunden mit seelisch-geistiger Retardation auftritt. Diese sog. Reifungsasynchronie kann zu abnormen Erlebnisreaktionen oder zu neurotischem Fehlverhalten führen. Neben einer Retardation in der Individualentwicklung wird in der Anthropologie eine Verlängerung des Jugendstadiums des Menschen im Vergleich zu nächstverwandten Tieren postuliert. Dieser Retardation verdankt der Mensch vornehmlich eine Verlängerung der Lernphasen und somit die vergleichsweise größere Formbarkeit im seelisch-geistigen Bereich. Das Gegenteil von Retardation ist die Akzeleration

(1991). Der kleine Duden, Fremdwörterbuch, Ein Nachschlagewerk für den täglichen Gebrauch. Mannheim/Wien/Zürich: Dudenverlag

Retardation […zion] die; -, -en: Verlangsamung, Hemmung (z. B. der geistigen od. körperlichen Entwicklung).

http://www.sociologicus.de/lexikon/lex_geb/begriffe/retardie.htm

RetardierungEntwicklungsverzögerung; abweichende Intelligenzentwicklung von der Altersnorm; in Bezug auf geistige Behinderung fällt Retardierung unter diskriminierenden Sprachgebrauch

http://www.infobitte.de/free/lex/allgLex0/r/retardierung.htm

(lat.), Verzögerung, v.a. Hemmung der körperl. Reifung oder der Persönlichkeitsentwicklung.

Man kann deutlich erkennen, dass die Begriffsbeschreibung bei den ersten beiden Werken (Wörterbuch für Erziehung und Unterricht, Grundwortschatz Erziehungswissenschaft) viel ausführlicher ist als bei den anderen Quellen. Auch beim Finden des Wortes gab es Unterschiede, da man bei manchen nach dem Wort Retardierung und bei anderen nach Retardation suchen musste.

Meine Begriffserklärung:

Retardation/Retardierung leitet sich vom Lateinischen ab und bedeutet Verzögerung. Diese Verzögerung kann sich im Rahmen der Entwicklungspsychologie zum Beispiel auf die Intelligenzleistung (verspätete Sprachentwicklung, verzögerte Sauberkeitsentwöhnung) auswirken oder, aus medizinischer Sicht, kann sie zu organischen Störungen führen (z.B. Pubertätsentwicklung kommt nicht voran, keine Genitalentwicklung).


Siehe auch das
Lexikon für Psychologie und Pädagogik

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