Theoretische Wirkungsweisen von monetären und nicht-monetäre Incentives
Bonuszahlungen, Sachgeschenke, Reisen – in der modernen Ökonomie setzen
Unternehmen zunehmend auf Belohnungen, um das Verhalten ihrer Kunden,
Mitarbeiter oder Geschäftspartner in ihrem Sinne zu beeinflussen. Diese
sogenannten Incentives (dt.: Anreize) steigern die Leistungs- und
Teilnahmebereitschaft nachhaltig – zumindest in der Theorie.
Experimentelle Studien des Wirtschaftswissenschaftlers und Professoren
für Verhaltensökonomie Uri Gneezy sowie Untersuchungen der Universität
Radboud verdeutlichen, dass die psychologischen Effekte von Incentives
nicht ausnahmslos positiv sind.
Arten von Belohnungen im ökonomischen Kontext
Im Bereich der Mitarbeitermotivation finden Incentive-Systeme die
häufigste Anwendung. Während leistungsabhängige Lohnanteile und andere
monetäre Anreize zu den klassischen Belohnungen gehören, greift der
Großteil der Unternehmen mittlerweile auf nicht monetäre
Prämien als
Motivationsschub zurück.
Beispiele für Incentives:
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Boni zum Gehalt
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Gutscheine
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Sachprämien
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Reisen, Konzerte und andere Erlebnisprämien
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Digitale Prämien
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Ehrenplakette und andere Auszeichnungen
Welcher Leistungsanreiz zum Einsatz kommt, unterscheidet sich je nach
Branche. In Großkonzernen finden vorzugsweise exklusive Reisen und
Veranstaltungen sowie üppige Bonuszahlungen Verwendung als Incentive.
Kleine und mittlere Unternehmen hingegen vergeben vorwiegend Gutscheine
und Sachprämien.
Die Wirkungsweisen von Incentives in Unternehmen
Ziel von monetären und nicht monetären Anreizen in der Wirtschaft ist,
ein bestimmtes Verhalten zu fördern. So kann sich ein Arbeitgeber
beispielsweise Incentives bedienen, um die Anzahl der Abschlüsse pro
Mitarbeiter zu erhöhen und diese für ihre Mehrleistung zu belohnen. Das
grundlegende Wirkprinzip aus Sicht der Belegschaft ist simpel: Wenn ich
Ziel X erreiche, erhalte ich die Belohnung Y. Angelehnt an die Studien
des führenden Wirtschaftswissenschaftlers Uri Gneezy erklären die zwei
bekanntesten wirtschaftspsychologischen Theorien – der behavioristische
Ansatz und der kognitive Ansatz – diesen Ablauf unterschiedlich.
Dieser theoretische Ansatz basiert auf der Grundlagenarbeit des
US-amerikanischen Psychologen Edward Lee Thorndike aus den Anfängen des
20. Jahrhunderts. Er besagt, dass ein Reiz ein bestimmtes Verhalten zur
Folge hat. Zu vergleichen ist dies mit einem Hund, der ein Leckerli in
Aussicht gestellt bekommt und – um es zu bekommen – die Pfote gibt. Die
Psychologen John B. Watson und B. F. Skinner übertrugen dieses Prinzip
in den 50er-Jahren auf die Ökonomie.
Dem Behaviorismus folgend ist ein Incentive ein extrinsischer Reiz, der –
in Verbindung mit einer bestimmten Aufgabe – zu mehr
Leistungsbereitschaft führt. Im wirtschaftlichen Kontext bedeutet dies
für Unternehmen, dass das Incentive-System stets der positiven
Zielerreichung dient. Diese Annahme ist nicht frei von Kritik, denn die
inneren Prozesse der Person finden hierbei keine Berücksichtigung.
Auch dieses psychologische Konzept entwickelte sich maßgeblich in den
50er-Jahren, unter anderem durch den US-Psychologen Edward Tolman. Im
Gegensatz zum Behaviorismus beschäftigt sich die kognitive Theorie mit
den innerpsychologischen Prozessen, die zwischen Reiz und Belohnung
ablaufen. Der Gedanke ist, dass Menschen einer Vielzahl an Umweltreizen
ausgesetzt sind und gleichzeitig jeder Aufgabe auch mit einer
intrinsischen Motivation begegnen.
Übertragen auf die Incentive-Systeme moderner Wirtschaftsunternehmen
kommt die kognitive Psychologie somit auf einen anderen Schluss als der
Behaviorismus. Sofern der extrinsische Reiz – das heißt die
Bonuszahlung, die Sachprämie oder die Erlebnisprämie – die intrinsische
Motivation überlagert oder negativ beeinflusst, kann dies die
Leistungsbereitschaft der jeweiligen Personen dauerhaft schmälern.
Das Spiel mit der intrinsischen und extrinsischen Motivation in der Mitarbeitermotivation
Die unterschiedlichen Erkenntnisse der behavioristischen und kognitiven
Psychologie zur Wirkung von Incentives im ökonomischen Kontext
verdeutlichen die Komplexität der Thematik – vor allem im Zusammenhang
mit der Mitarbeiterbindung und -motivation. Zudem zeigen sie, dass nicht
alle Incentive-Systeme einen positiven Effekt haben. Zu dieser
Erkenntnis kam auch ein Experiment der Universität Radboud in den
Niederlanden. Diese veranschaulichte, dass die Körper der Teilnehmer mit
Aussicht auf eine große Belohnung hohe Mengen Dopamin ausschütteten. Da
dies die Konzentration der Probanden jedoch beeinträchtigte, lieferten
sie insgesamt schlechtere Ergebnisse ab als die Personen mit niedriger
Belohnung oder ohne Belohnung.
Dies zeigt: Incentives stellen nicht nur einen Anreiz dar, sondern auch
eine Aufforderung dazu, außerordentliche Leistungen abzuliefern. Bei
bestimmten Personen kann die gut gemeinte Geste daher zu Stress,
Leistungsdruck und Demotivation führen. Letzteres verstärkt sich, wenn
der extrinsische Reiz nicht mit der intrinsischen Motivation harmoniert.
Dies ist immer dann der Fall, wenn die Belohnung die zu erledigende
Aufgabe in einen neuen Kontext setzt.
Ein Beispiel: Ein Arbeitgeber möchte das Projekt XY zwei Wochen vor der
ursprünglichen Deadline abschließen und stellt seinen Projektmanagern
als Belohnung einen Bonus von 500 Euro in Aussicht. Mithilfe ihrer
intrinsischen Motivation hätten besagte Mitarbeiter den früheren Termin
auch ohne Incentive geschafft. Doch: Nun macht die Bonuszahlung die
Schwierigkeit und den Zeitdruck der Aufgabe deutlich. Was als
extrinsische Motivation gedacht war, untergräbt jetzt die intrinsische
Motivation der Mitarbeiter und schmälert deren Produktivität.
Die möglichen negativen Effekte von Incentives zur Mitarbeitermotivation im Überblick:
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Gestörte Konzentration
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Stress, Leistungsdruck, Überforderung
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Höhere Fehlerquote
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Demotivation
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Stärkere Fluktuation
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Konkurrenzkampf innerhalb der Belegschaft
Sowohl die wirtschaftspsychologischen Grundsatztheorien des
Behaviorismus und Kognitivismus als auch die jüngeren Studien zeigen:
Incentives sollten mit Bedacht ausgewählt und eingesetzt werden. Als
Resultat der Untersuchungsergebnisse sollten Unternehmen die folgenden
Aspekte bei der Gestaltung Ihrer Incentives für die Belegschaft
berücksichtigen.
Grundregeln für ein positives Incentive-System:
Die Bedingungen für den Erhalt der Belohnung müssen transparent und unmissverständlich sein und klar kommuniziert werden.
Die zu erreichenden Ziele müssen messbar und von der einzelnen Person beeinflussbar sein.
Incentives sollten nur als zusätzliche Belohnung für überragende
Leistungen dienen und nicht in Konflikt mit dem regulären Gehalt
geraten.
Sowohl monetäre als auch nicht monetäre Anreize sollten stets in Kombination mit persönlichen Dankesworten ausgegeben werden.
Fazit
Incentives geben Unternehmen die Möglichkeit, Einfluss auf das Verhalten
bestimmter Wirtschaftssubjekte – wie Kunden und Mitarbeiter – zu
nehmen. Mögliche Ziele sind die Produktivitätssteigerung der
Belegschaft, eine stärkere Kundenbindung oder eine erhöhte Anzahl an
Neukunden über einen definierten Zeitraum. Neben Bonuszahlungen gehören
nicht monetäre Anreize zu den Mitteln, die als Belohnung für das
gewünschte Verhalten zum Einsatz kommen. Studien zeigen, dass Incentives
für Mitarbeiter deren Leistungsbereitschaft senken können. Als
extrinsische Anreize führen sie nur dann zum gewünschten Ziel, wenn sie
mit der intrinsischen Motivation der Mitarbeiter harmonieren. Nicht
zuletzt sollten sie auf Basis von klaren, transparenten Regeln vergeben
und stets mit zwischenmenschlicher Anerkennung gekoppelt werden.